transsexuell.de

transsexuell.de: Transsexualität,
Transidentität, Transgender, Geschlechtsdysphorie.
Beratung, Selbstfindung, Hintergründe.



Airin: Meine Entwicklung im Überblick


Als Kind und Jugendlicher hatte ich größte Schwierigkeiten damit, daß ich ein Junge sein sollte und wechselte mit 22 Jahren, als ich meinte, gar nicht mehr anders leben zu können, das Geschlecht. Nach Hormontherapie und Operationen habe ich bis zum 43. Lebensjahr als Frau gelebt und mich dann noch einmal neu entschieden, als Mann zu leben.

Die Zeit als Frau war eine in vielerlei Hinsicht sehr gute. Ich war ausgesprochen glücklich über die Veränderungen und es gelang mir, mein Leben mit Arbeit, Freundeskreis und Beziehungen recht erfolgreich, natürlich und lebendig zu gestalten.

Auf der Suche nach dem, wer ich auch unabhängig von Geschlecht als Mensch wirklich bin, habe ich mich intensiv mit Selbsterfahrung und modernen Therapien beschäftigt. Dabei bin ich auch meiner Geschichte immer tiefer auf den Grund gegangen und begegnete Ursachen meiner Transsexualität: Seelischen Wunden und einer innerer Spaltung zwischen meinen männlichen und weiblichen Anteilen. Ich erkannte, daß im Grunde in jedem Menschen beides steckt und es möglich ist, sich über diese Dualität hinaus zu entwickeln und sich mit allem anzunehmen, was man in sich trägt.

Die Vorstellung, daß jeder Mensch eine unveränderliche "Geschlechtsidentität" hätte, der man körperlich unbedingt entsprechen müßte, im Zweifelsfall eben mit tiefen operativen Eingriffen in den Körper, stellte sich für mich als falsch heraus. Ich begann, neben den weiblichen nun auch meine männlichen Wesensanteile zu akzeptieren und liebevoll anzunehmen. Diese Entwicklung über ein "Entweder-Oder" hinaus ist im Grunde ein ganz natürlicher Entwicklungsschritt, dem jeder Mensch früher oder später begegnen wird. Das heißt natürlich nicht, daß nun alle Menschen androgyn werden müßten! Aber so kann man in dem Geschlecht, in das man hineingeboren wurde, mit mehr Ganzheit, innerer Unabhängigkeit und Stärke leben.

Ich brauchte nach meiner Operation etwa zehn Jahre, bis diese Entwicklung für mich abgeschlossen war und ich völlige Wahlfreiheit spürte, ob ich als Frau oder als Mann leben wollte. Da ich mich nun einmal für ein Leben als Frau entschieden hatte, behielt ich das bei, empfand es aber immer mehr als etwas "Gewolltes", nicht wirklich Authentisches. Zum Beispiel hatte ich über all die Jahre meine Stimme bewußt verstellt, damit sie weiblicher klang. Das war auf Dauer enorm anstrengend. Die männliche Stimme ändert sich ja durch die Hormone nicht und eine riskante Stimm-Operation kam für mich keinesfalls in Frage.

So fühlte ich mich aus verschiedenen Gründen schließlich veranlaßt, meinen ursprünglichen, männlichen Zustand wieder zuzulassen. Dazu war von medizinischer Seite nicht viel nötig: Die Silikonimplantate, mit denen ich meine Brust hatte vergrößeren lassen, ließ ich herausnehmen. Weitere Operationen kamen nicht in Frage. Männliche Hormone veränderten mich äußerlich noch ein wenig und belebten auch wieder die Sexualität, die über die Jahre hinweg fast ganz eingeschlafen war.

Auch, wenn die Entwicklungen meines Lebens ihre Spuren hinterlassen haben, bin ich doch froh darüber, daß sie mich zu einem innerlich entspannten, fröhlichen und gereiften Menschen haben wachsen lassen.