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Airin: Mein Weg


Mein persönlicher Weg ist vielschichtig und auch für einen transsexuellen Menschen ungewöhnlich. Ich habe mich mit diesem Thema sehr konsequent aus der Perspektive von Selbsterfahrung und Selbstentwicklung im eigenen Leben und in der Beratung anderer auseinandergesetzt.

1960 als Junge geboren, ging ich durch eine ganz typisch transsexuelle Entwicklung mit all ihren Schwierigkeiten. 1983 wechselte ich daraufhin das Geschlecht und ließ mich operieren. Das machte mich zwar sehr glücklich, aber die Frage, wer ich in Wahrheit bin, war für mich mit "Frau-Sein" noch nicht ausreichend beantwortet. Auf der tieferen Suche fand ich sehr viel Schönes, aber auch unbequeme Wahrheiten. Es wurde mir deutlich, wie kompromißbehaftet die körperliche Umwandlung doch gewesen war. Hätte es nicht eine bessere Lösung des Problems geben können? Ich begegnete dessen tieferen Ursachen. Das hat mich in meiner Persönlichkeitsentwicklung sehr viel weiter gebracht haben als Chirurgie.

Im Laufe der Zeit habe ich diese aufgearbeitet und für mich erkannt, daß ich über die Mann-Frau-Dualität hinauswachsen und die nur scheinbaren Gegensätze in mir vereinigen konnte. Seitdem sehe ich mich im Grunde als über den Geschlechtern stehend.

Mit meinem Leben als Frau kam ich ganz gut zurecht, obwohl ich manchmal auch mit meiner Vergangenheit erkannt wurde. Warum sollte ich selbst denn so viel Wert darauf legen, als Frau wahrgenommen zu werden? Das schien mir etwas "Gewolltes" und nicht mehr notwendig zu sein. Mein Bestreben nach größtmöglicher Authentizität ließ mich schließlich in 2003 zu meinem "natürlichen, ursprünglichen Zustand" zurückkehren, so weit das eben ging.

Das Leben als Mann fühlte sich im sozialen Umgang zunächst gut an, normaler, natürlicher und ursprünglicher. Ich ging es mit viel Mut und frischer Energie an - und habe acht Jahre mit vielen Rückschlägen durchlebt. Mit den männlichen Hormonen kam ich nicht gut klar. Beziehungen gingen nicht so weiter, wie ich das gehofft hätte. Geschäftlich war es eine hoch anstrengende Zeit mit viel zu vielen Verlusten. Das Geschenk kam "durch die Hintertür": Auf einer nochmals viel tieferen Ebene konnte ich alles, was mein Mann-Sein ausgemacht hatte, bis in die intimsten Ebenen liebevoll annehmen und auch das Verhältnis zu Männern hat sich entspannt und positiv entwickelt.

Hätte ich noch den Körper eines Mannes, davon gehe ich aus, würde ich an ihm kaum mehr etwas ändern wollen. Doch viele Jahre hatte ich sehr viel dafür getan, alles Männliche aus mir zu tilgen; schließlich reichte mir nun seine körperliche und emotionale Kraft für ein Leben als Mann nicht mehr wirklich aus.

Im Leben gibt es kein "Zurück", es geht immer vorwärts, immer weiter ... - so hat dann die Frau in mir wieder danach gerufen, gelebt zu werden.

Was die soziale Identität angeht, so stehen im Moment allerdings der Beruf und die Herausforderungen in meiner Selbständigkeit weit mehr im Vordergrund als das Geschlecht. So bleibt es immer spannend, dieses Spiel namens "Leben" ...